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Bildgebende Verfahren im Check: Fakten statt Mythen

  • Autorenbild: Christoph Massak
    Christoph Massak
  • 11. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Apr.

Röntgen, MRT, CT – für viele Menschen sind diese Verfahren der erste Schritt, wenn Schmerzen nicht verschwinden. Und oft höre ich in meiner Praxis Sätze wie: „Ich will wissen, was kaputt ist.“ Klingt vernünftig – aber viele Vorstellungen über bildgebende Verfahren sind schlichtweg falsch oder missverständlich. In diesem Artikel erkläre ich dir fünf gängige Mythen, die ich immer wieder höre – und was tatsächlich dahintersteckt.



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Mythos 1: Ein MRT zeigt genau, was meine Schmerzen verursacht

Hier ein Beispiel: Du hast Knieschmerzen, bekommst ein MRT und es zeigt einen Meniskusriss oder Knorpelverschleiß. Klingt logisch, dass das die Ursache ist, oder?


Das Problem: Solche „Abnützungen“ sieht man auch bei Menschen ohne jegliche Beschwerden – und zwar ziemlich häufig. Die Studie von Horga et al. (2020) zeigt, dass 97 % der Menschen ohne Knieschmerzen Auffälligkeiten im MRT hatten. Darunter:

  • 30 % mit Meniskusrissen

  • 50 % mit Knorpelveränderungen

  • 30 % mit deutlichem Knorpelschaden

  • 20 % mit Sehnenveränderungen



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Das heißt: Nur weil im Bild etwas sichtbar ist, heißt das nicht, dass es auch das Problem ist. Vieles davon sind normale, altersbedingte Veränderungen – keine akuten Ursachen für Schmerz.


Oder wie es die Therapeuten von "E3 Rehab" treffend formuliert hat:

„Wenn du in der Bildgebung nach etwas suchst, wirst du wahrscheinlich auch etwas finden.“



Mythos 2: Je schlechter das Bild aussieht, desto länger dauert die Reha


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Vielleicht hast du schon mal gehört: „Das schaut im MRT schlimm aus – das wird eine lange Geschichte.“ Auch das stimmt so nicht.


Es gibt Studien, die zeigen, dass selbst Menschen mit massiven Bandscheibenvorfällen oft schneller wieder fit sind als andere mit „nur“ kleinen Vorwölbungen – etwa Karppinen et al..

Auch bei Arthrose ist es nicht so einfach. Man kann keine Schmerzintensität aus einem Röntgenbild ableiten. Die Untersuchung von Hunter & Bierma-Zeinstra (2019) zeigt: selbst starke strukturelle Veränderungen bedeuten nicht automatisch Schmerz oder Funktionsverlust.



Mythos 3: Wenn man das „kaputte“ im Bild repariert, ist der Schmerz weg

Klingt erstmal plausibel: Ich sehe was im Bild – dann mache ich eine OP und der Schmerz verschwindet. Leider passiert das nicht immer so.


Ein gutes Beispiel ist die Studie von O’Connor et al. (2022): Sie zeigt, dass arthroskopische Operationen bei bestimmten Meniskusrissen im Knie keine besseren Ergebnisse liefern als Placebo-Eingriffe. Weder bei Schmerzen, noch bei Funktion oder Lebensqualität.

Das bedeutet: Nur weil ich etwas im Bild sehe, heißt das nicht, dass ich es operieren muss – und schon gar nicht, dass es danach automatisch besser ist.


Mythos 4: Das Bild entscheidet, wie meine Reha aussieht

Zwei Menschen mit demselben MRT-Befund – z. B. einem Bandscheibenvorfall auf L5/S1 – brauchen nicht zwangsläufig dieselbe Therapie.


Warum? Weil wir keine Maschinen sind. Lebensstil, Schlaf, Ernährung, Aktivität, Emotionen und Einstellung spielen eine enorme Rolle.


Stell dir vor: Dein Kollege raucht, schläft schlecht, ist inaktiv und hat panische Angst vor Bewegung. Du hingegen bist sportlich, schläfst gut und gehst gelassen mit dem Befund um. Beide haben das gleiche MRT – aber ihr braucht komplett unterschiedliche Reha-Wege.

Mein Appell: Du bist nicht dein Röntgenbild.


Mythos 5: Bildgebung ist nie sinnvoll

Trotz all dieser Punkte: Natürlich gibt es auch gute Gründe für Röntgen, MRT oder CT.

Wenn man z. B. einen Knochenbruch vermutet, wenn es um Organe, Tumore oder andere ernsthafte Erkrankungen geht – dann sind diese Verfahren oft unverzichtbar.


Aber: Bei Beschwerden des Bewegungsapparates werden sie viel zu häufig gemacht – was laut Shraim et al.:

  • unnötige Kosten verursacht

  • zu überflüssigen Behandlungen führt

  • und in manchen Fällen sogar zu schlechteren Ergebnissen beiträgt



Fazit

Bildgebung kann ein hilfreiches Werkzeug sein – aber sie sollte nie isoliert betrachtet werden. Schmerz ist ein komplexes Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Ein MRT zeigt dir ein Stück vom Puzzle – aber nicht das ganze Bild.


Lass dich nicht von Begriffen wie „Abnützung“, „Degeneration“ oder „Verschleiß“ verunsichern. Und noch viel wichtiger: Lass dich nicht von einem Bild definieren.


Möchtest du mit mir besprechen, ob bei deinen Beschwerden eine Bildgebung sinnvoll ist – oder ob andere Wege hilfreicher wären? Dann melde dich gerne bei mir. Ich nehme mir Zeit, um dir Klarheit zu verschaffen – ganz ohne Panikmache.

 
 
 

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